Was ist vorgegeben und was veränderbar?
Im christlichen Glauben wird das Thema „Schicksal“ nicht eindeutig behandelt. Über viele Jahrhunderte hinweg wurde vorwiegend eines der vielen Konzepte beachtet: Katastrophen oder Unglücksfälle, die in unserem persönlichen Leben oder dem Leben einer großen Menschenmenge geschehen und deren Ursachen uns unerklärlich sind, werden verbreitet als vorherbestimmter Fluch Gottes angesehen. Für gläubige Christen werden zukünftige Geschehnisse als Früchte gesehen, die so geerntet werden, wie sie gesät wurden.
Das bedeutet, dass rechtschaffenes Handeln im Leben zum Paradies führt, aber ein Sünder in Ewigkeit in die Hölle verbannt wird. Im Islam wird dasselbe Konzept wie im Christentum akzeptiert. In den morgenländischen Religionen, wie im Buddhismus, Schintoismus, Konfuzianismus bedeutet „Reinkarnation“, dass das Schicksal oder Karma aufgrund von Handlungen im vorigen Leben vorherbestimmt wird. Deshalb kann das Schicksal hier nicht geändert werden. Im Buddhismus jedoch wird richtiges Verhalten in freier Entscheidung, gemäß religiöser Anweisungen empfohlen. Die resultiert in Ergebnissen, die wir teilweise schon in diesem Leben, jedoch insbesondere im nächsten erfahren werden.
Die moderne Ansicht von Schicksal folgt der Auffassung des altgriechischen Philosophen Epikur: „Iss, trinke und genieße, denn morgen wirst Du sterben“, die eine Wiederholung des uralten vedischem Philosophen, dem Atheisten Charvaka ist, der sagt: Mit allen Mitteln sollst du deine Sinne genießen, auch wenn Du Schulden machst, denn nachdem der Körper in Asche/Erde verwandelt ist, wird der Mensch nie wieder zurückkommen.
Die wissenschaftliche vedische, theistische Ansicht lautet: Jede Handlung hat Reaktionen in genau gleicher Proportion. Ungefähr fünfzig Prozent der jetzigen Lebens- Geschehnisse und Umstände sind das Resultat von Handlungen in vorheriger Inkarnation. Der andere Teil der Ereignisse ist das Resultat von Handlungen in diesem Leben. Gemäß der Veden gibt es vier Hauptaspekte, die in unserem Leben vorherbestimmt sind:
- Die Familie, in der wir geboren werden und die Erziehung, die wir erhalten. Sie hinterlassen dauerhafte Eindrücke in der Psyche, die u.a. unsere Mentalität, unsere Lebenshaltung und unseren Charakter bestimmen.
- Reichtum, den wir durch faire Mittel, rechtschaffene Handlungen erhalten und erben
- Akademische Ausbildung
- Physische Erscheinung, wie Schönheit, Gesundheit und Lebensdauer
Karma, das Sanskritwort für Schicksal, ist zeitweilig und ein nicht permanentes Phänomen. Es ist eine der vielen Manifestationen der materiellen Energie oder wird auch als "Naturgesetz" bezeichnet. Das Gesetz des Karmas gründet auf dem Naturgesetz. Das Naturgesetz ist Gottes Gesetz. Gott ist der Schöpfer der Natur und Welt – umfassend von allem. Gott ist auch der Erhalter und Beschützer dieses Naturgesetzes. Gesetz bedeutet etwas, das alle Ursache und Wirkung unter seine Kontrolle bringt – vom Chaos zur Harmonie. Gemäß diesem Gesetz ist Materie und alles Materielle veränderbar. Wahrheit jedoch ist ewig, unveränderbar und deshalb die wirkliche Realität. Das Gesetz des Karma, das unbeständig ist, ist weltlich. Es ist aktiv solange die ewige Seele kontinuierlich ihren Körper wechselt. Karma bezieht sich auf den Körper und nicht auf die Seele.
Die Seele ist ein Produkt der spirituellen Natur, und der Körper das der materiellen Natur. Bewusstsein ist die ewige Energie der Seele und kann frei entscheiden. Es kann Entscheidungen treffen unabhängig von karmischen Aktionen und Reaktionen.
Die materielle Energie, die das gesamte Universum durchdringt ist Gottes äußere, spirituelle Energie und ist ewig. Gottes Energie ist auch das kontrollierende Prinzip der Energie der Seele, das Bewusstsein.
Gott ist unbegrenzt und allmächtig und alle individuellen Seelen sind Gottes winzige Teile, die, wenn auch in winzigem Grad, dieselben Qualitäten, wie Ewigkeit, Allwissenheit und Glückseeligkeit besitzen, wie Gott, der sie jedoch im höchsten Maß besitzt.
Wenn wir uns unserer spirituellen Natur bewusst werden, erfährt unser Bewusstsein eine Freiheit, mit der es unabhängig von karmischen Gesetzen, vom Naturgesetz handeln kann. Aber das Bewusstsein des Menschen ist momentan durch materielle Gesetze eingeschränkt und kann sich deshalb nicht über das körperliche Bewusstsein erheben. Sobald es gereinigt ist von seiner falschen Identifikation mit dem materiellen Körper, Geist und Intelligenz, kann es sein eigenes Karma und das anderer ändern, wenn die Bereitschaft besteht sich von einer befreiten Person führen zu lassen.
Falsche Identifikation mit dem Körper bedeutet, sich selbst als den Tätigen, den Kontrolleur aller Handlungen in dieser Welt zu betrachten, und als den Haupt-Genießer seiner daraus resultierenden Früchte.
Die Gesetze der Natur funktionieren mit Hilfe der Zeitkomponente durch ihre Agenten, die gunas, oder "modes of material nature" genannt werden. Ein guna erschafft, eins erhält und eins vernichtet. Diese drei gunas kontrollieren ständig die Gedanken des Menschen und wirken auf sein Handeln ein. So kommt es, dass der Mensch sehr oft sogar gegen sein besseres Urteil und seinen Willen handelt. Die materielle Welt wird gleichzeitig auch ständig durch diese Prozesse beeinflusst.